Bippo Vischer (1901–1936)

Jurist und Kunstmaler

 

Emanuel Rudolf Bippo Vischer, 4.9.1901 bis 5.8.1936

Generation 12, einziges Kind des erloschenen Stamms Vischer-Passavant

 

von Fritz Vischer

 «Auf einer Anhöhe bei Cordoba, von wo der Blick die herrliche Tiefebene Andalusiens umfasst, ist er kämpfend gefallen. Spanische Freunde haben seine sterbliche Hülle in Sevillanischer Erde beigesetzt», lesen wir im Basler Stadtbuch von 1956[1].

Zwanzig Jahre zuvor, am 5. August 1936, kam Bippo zu Tode. Er hatte sich den Truppen des Putschgenerals Francisco Franco (1892–1975) angeschlossen. Seine geliebte Carmen und deren Kinder aus erster Ehe liess er zurück. Grosszügig hatte er für sie gesorgt, wohl auch vorgesorgt. Das allein deutet darauf hin, dass er es nicht mit den Konservativen hielt. Sie auch nicht mit ihm, denn im seinerzeitigen katholischen Spanien war es verpönt, von der Kirche verboten, sich mit einer von ihrem Mann getrennten Frau einzulassen. Sie war ja verheiratet, scheiden lassen konnte sie sich nicht.  

Bippo gehörte indes zur besitzenden Klasse, stand den konservativen Gruppierungen insofern doch nahe. Er verfügte über Ländereien und bewirtschaftete sie. Die nach dem spanischen Namensrecht benannte «Vaquería la Hispano-Suiza Manolo Vischer-Passavant» war im Grossraum Sevilla ein bedeutender Lieferant von Milchprodukten.

Als die Volksfront 1936 die Wahlen gewonnen hatte, wurde ihm das zum Verhängnis. Ihre Anhänger, unter ihnen seine eigenen Leute, bedrohten ihn. Dabei hatte er die Sozialisten (PSOE) als bedeutendste linke Partei  ideell und finanziell unterstützt, als 1931 in Spanien die Zweite Republik entstanden war. Doch dann brach im Sommer 1936 der Bürgerkrieg aus, und er, der Schweizer Infanterie-Soldat, wechselte die Seite.

Tatsächlich verstand er sich wohl weder als Kriegsgurgel noch als Landjunker. Besser gefallen hätten ihm die knappen drei Wörter, mit denen ihn sein Vetter zweiten Grades, Fritz Vischer-Ehinger, in seiner 1933 erschienenen Chronik Die Familie Vischer in Colmar und Basel[2] umschreibt: «Kunstmaler in Sevilla.» Das helle Licht und die kargen Landschaften Andalusiens mit seinen Menschen, unter ihnen stolze Reiter, Toreros und Flamenco-Tänzerinnen, regten ihn an.

Selbstbildnis mit Reiter und Pferden, Anfang der dreissiger Jahre.

1926 liess er sich in der südspanischen Grossstadt nieder, nachdem er in Paris malen gelernt hatte. Er kam von Leicester, wo ihn die Ciba[3] 1924 hingeschickt hatte. In England reifte offenbar die Einsicht, dass er «zum Kaufmann nun mal nicht geboren war».

Ebenso wenig zum Juristen: 1920 zog er mit zwei Kommilitonen für das Sommersemester an die Universität Montpellier. Danach brach er zu einer Reise nach Spanien auf, kam nach Madrid, Granada, Cordoba und schliesslich im Südwesten des Landes nach Sevilla. Als er nach einigen Wochen nach Basel zurückkehrte, gab er das Jus-Studium auf und trat bei der Ciba eine kaufmännische Lehre an, offenbar hoffend, das Unternehmen eines Tages in einer spanischen Stadt vertreten zu können.

Sein Grossvater, der Bankier Emanuel Passavant-Allemandi, präsidierte den Verwaltungsrat der Ciba. Sein Vater, Theophil Vischer-Passavant, war Advokat und Notar. Seinen Spuren folgte er nach der Matura, die er am Humanistischen Gymnasium bestanden hatte. Bippo war drei Jahre alt, als sein Vater 1904 beim Reiten tödlich verunfallte. So blieb er das einzige Kind des Ehepaars Vischer-Passavant. Seine nächsten Vischer’schen Verwandten waren die beiden Onkel Fritz Vischer-Bachofen, Urvater des Stamms D, und Albert Vischer-Beck, Urvater des Stamms E, und deren Familien.

 

Anmerkungen   

[1] Beitrag von Felix Tappolet
[2] von Dr. phil. Fritz Vischer-Ehinger, Vetter von Bippo
[3] heute Teil von Novartis

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